Multirisk-Police
Rahmenvertrag Schluessel
Unterversicherungsverzicht

Facility-Management-Betriebe

Absicherung der Risiken am deutschen Versicherungsmarkt

erschienen im:
"Das Grundeigentum" Heft 23/2001 von Michael Eitner*

Die meisten Dienstleistungen, die sich mit dem Begriff Facility-Management (FM) verbinden, werden schon seit langem am Markt angeboten. Neu ist dabei nicht die Gebäudebewirtschaf-tung an sich, sondern die Art und Weise, sie und den damit zusammenhängenden umfassen-den gebäudewirtschaftlichen Tätigkeiten in dieser weitreichenden Form zu betreiben.
Der mögliche Nutzen für den Eigentümer liegt auf der Hand: Reduzierung der jährlichen Kosten durch übertragene Leistungen auf den Facility Manager, die er zuvor selbst erbracht hat.
Der folgende Überblick stellt die vielfältigen Leistungen einem nicht minder umfangreichen Schadenpotential gegenüber und zeigt auf, worauf diese Unternehmen bei der Absicherung ihrer Risiken achten sollten.

  • Definition Facility-Management (FM)
  • Gebäudemanagementleistungen nach DIN 32736
  • Abgrenzung FM / Haus- und Grundstücksverwaltung
  • vertragsrechtliche Grundlagen / Haftung
  • Darstellung des Risikopotentials (Schadensbeispiele)
  • Möglichkeiten der Absicherung am deutschen Versicherungsmarkt für Facility-Management Betriebe
  • Definition Facility-Management (FM)

    Das Wort Facility-Management stammt aus dem angelsächsischen uns lässt sich wörtlich als "Anlagenverwaltung" übersetzen, worunter man die professionelle Bewirtschaftung gewerblicher Immobilien versteht. Unter Facilities werden alle Grundstücke, Gebäude, (technische) Infra-strukturen, Anlagen und Einrichtungen (im weitesten Sinne) erfasst. Management ist die Planung, Realisierung, Bewirtschaftung und das Controlling dieser Facilities (i.d.R. das Anlage-vermögen eines Unternehmens).

  • Gebäudemanagementleistungen nach DIN 32736 (Stand 8/2000)

    Diese Norm wurde vom Arbeitsausschuss Gebäudemanagement; Begriffe und Leistungen im DIN Deutsches Institut für Normierung e.V. erarbeitet; sie definiert Begriffe, beschreibt Lei-stungen und dient dem einheitlichen Sprachgebrauch und der Strukturierung. Es ist nicht Aufgabe der Norm, Systeme zu beschreiben oder zu definieren, wer die auszuführenden Leistungen zu erbringen hat: Gebäudemanagement ist die Gesamtheit aller Leistungen zum Betreiben und Bewirtschaften von Gebäuden einschließlich der baulichen und technischen Anlagen auf der Grundlage ganzheitlicher Strategien.
    Gebäudemanagement gliedert sich in drei Leistungsbereiche:

    Technisches Gebäudemanagement (TFM) umfasst alle Leistungen, die zum Betreiben und Bewirtschaften der baulichen und technischen Anlagen eines Gebäudes erforderlich sind: Betreiben, Dokumentieren, Energiemanagement, Informationsmanagement, Umbauen/ Sanieren/ Modernisieren, Entsorgen, Prüfen, Überwachen (auch der techn. Gewährleistung)

    Infrastrukturelles Gebäudemanagement (IFM) umfasst die geschäftsunterstützenden Dienstleistungen, welche die Nutzung von Gebäuden verbessern: Verpflegungsdienste (Catering), DV- und Telekommunikationsdienste, Gärtner- Hausmeisterdienste, Sicherheits-dienste, Parkraumbetreiberdienste, Waren-, Post-, Umzugslogistik, Reinigungs- und Winterdienste

    Kaufmännisches Gebäudemanagement umfasst alle kaufmännischen Leistungen aus dem Bereich TFM, IFM unter Beachtung der Gebäudeökonomie: Kostenplanung und Kontrolle, Objektbuchhaltung, Vertragsgestaltung, -überwachung, Beschaffungsmanagement

    Flächenmanagement umfasst darüber hinaus das Management der verfügbaren Flächen im Hinblick auf ihre Nutzung und Verwertung, wie Nutzungsplanung, Belegungs/ Umbelegungs-planung und -beratung, Erfassen/ Bewerten von Leerständen

  • Abgrenzung zur Haus- und Grundstücksverwaltung

    Im Gegensatz zum FM, das von einem umfassenden Ansatz (Gesamtbetreuung) geprägt ist, deckt die klassische Haus- und Grundstücksverwaltung in der Regel nur einen Teilbereich (die kaufmännische Leistung) aller Gebäudedienstleistungen ab.

  • Rechtliche Grundlagen / Haftung

    Ausgangspunkt der Beurteilung eines Vertrages über Leistungen aus den Bereich FM ist dessen zivilrechtliche Qualifizierung, wobei es sich entweder um einen Dienstvertrag oder um einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung gem. §§ 675, 611, 631 BGB zum Gegenstand hat, handelt.
    Wie die jeweiligen Verträge zu qualifizieren sind, ergibt sich aus den individuellen Vertrags-inhalten, und das ist häufig schwierig abzugrenzen. Das brauchbarste Abgrenzungskriterium ist, dass beim Dienstvertrag die bloße Arbeitsleistung, bzw. beim Werkvertrag ein Erfolg geschuldet wird.
    Obwohl durch die Rechtsprechung eine rechtliche Einordnung von Verträgen über FM-Leistun-gen noch nicht vorgenommen wurde, muss befürchtet werden, dass sich der FM (quasi als Generalmanager der gebäudewirtschaftlichen Abläufe) sicherlich mit allen denkbaren Schaden-ersatzansprüchen aus den FM-Leistungen, und zwar auch für von ihm beauftragte Firmen (Ge-hilfenhaftung), wird befassen müssen.
    Entschieden wurde bislang, dass z. B. die Verwaltung eines Hauses oder von Wohneigentum als Dienstverträge mit Geschäftsbesorgungscharakter anzusehen sind. Diese Tätigkeiten sind sicherlich mit denen des FM vergleichbar.

  • Schadenbeispiele

    Umfassendes FM ist eine höchst komplexe Dienstleistung mit enormen Risikopotential. Einerseits durch die Vielzahl der Risikofaktoren, andererseits durch die Höhe möglicher Haft-pflichtansprüche. Die unzureichende Absicherung eines FM kann immense Verluste nach sich ziehen. Hier einige Schadenbeispiele aus der Praxis:

    Technisches Gebäudemanagement
    Kosten wegen Stillstand der EDV; der Auftrag für die Störungsbeseitigung an der Klimaanlage wurde nicht rechtzeitig erteilt; Schäden durch die fehlerhafte Erfassung/ Speicherung von Bestands-/ Verbrauchsdaten, somit falsche Basisdaten für die weitere Verarbeitung; Folge-kosten aufgrund der fehlerhaften Umsetzung von Energiesparmaßnahmen; unzureichende Ermittlung des Ist-Zustandes bezüglich des Energieverbrauchs.

    Infrastrukturelles Gebäudemanagement
    Kosten für Betriebsstillstand aufgrund nötigen Polizeieinsatzes wegen vorheriger mangelhafter Personenkontrolle; Folgekosten aufgrund fehlerhaften Erfassens von Telefongebühren z. B. Privatgespräche wurden nicht gesondert erfasst; Zusätzliche Kosten für erforderliches Nach-sortieren von Abfall aufgrund vorherigen Falschsortierens.

    Kaufmännisches Gebäudemanagement
    Fehlerhafter Erfassung von Mieterdaten führt zur falschen Mietzinsberechnung inkl. Nebenkostenabrechnung; Schäden aus Fehlern der Vertragsgestaltung, wie Nichtbeachtung von Kündigungsvoraussetzungen oder steuerlicher Konsequenzen; Finanzielle Schäden durch fehlerhafte Mietnebenkostenabrechnungen; Verjährung von Mietzinsforderungen.

  • Angebote deutscher Haftpflichtversicherer für Facility-Management-Betriebe

    Da umfassendes FM auch enorme Risiken in sich birgt, reicht eine "normale", konventionelle Betriebshaftpflichtversicherung keinesfalls aus. Einige Versicherer in Deutschland bieten dieser Branche inzwischen innovative, branchenspezifische Versicherungskonzepte an. Mit ihnen sichert man Leistungen (Personen-, Sach- oder Vermögensschäden) ab, die als Folge dieser speziellen Geschäfttätigkeit entstehen können.

    Als erstes sollte die Unternehmens-/ Betriebsbeschreibung in der Haftpflichtpolice exakt defi-niert sein. Die Standardformulierung ...versichert ist die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers (VN), die sich aus der Tätigkeit als Facility Manager ergibt... reicht beispielsweise nicht aus, wenn neben den FM-Standardleistungen auch Pla-nungs- und Bauleistungen gem. HOAI mit eigenen oder fremden Mitarbeitern erbracht werden. Ebenso sollte dokumentiert werden, dass beispielsweise Leistungen für Fuhrparkverwaltung, Kfz-Bewachung, Management von Krankenhäusern, Deponien oder Energieversorgung, oder ähnlich schwere Risiken, übernommen werden können. Diese Tätigkeiten stellen ein individuelles, mitunter erhöhtes Risiko für den Haftpflichtversicherer dar, von dem er wissen muss, damit es im Schadenfall nicht zu Problemen kommt.

    Neben ausreichenden Deckungssummen für Personen-, Sach- und allgemeine Vermögens-schäden in Höhe von mindestens € 2.5 Mio., sollte Versicherungsschutz auch für "echte" Vermögensschäden (denen kein Personen- oder Sachschaden vorausging) vereinbart werden. Es gibt Versicherer, die für branchentypische Vermögensschäden im Zusammenhang mit FM-Leistungen eine Deckungssumme von € 250.000 (und höher) anbieten - siehe hierzu Schaden-beispiele.

    Ferner sollten Nebenrisiken genau definiert und in den Versicherungsschutz mitaufgenommen werden, beispielsweise Tätigkeitsschäden (Schäden an fremden Sachen durch eine Tätigkeit an oder mit diesen Sachen), Mietsachschäden, Löschung/Verlust fremder Daten oder das Bewachungsrisiko (Schäden durch Beschädigung, Vernichtung oder Abhandenkommen be-wachter Sachen) mit separaten Deckungssummen, mindestens in Höhe von € 250.000.

    Erhebliches Risikopotential beinhalten auch Umweltschäden, d.h. durch den FM ausgelöste Umweltbeeinträchtigungen an Boden, Luft und Wasser. Die notwendige Umweltbasis-Deckung leistet dann bei Personen-, Sach- und Vermögensschäden durch Umwelteinwirkung.

    Zum Schluss noch eine Bemerkung zur Vertrags- und Beitragsgestaltung. Eine risikogerechte Prämienkalkulation ist neben der oben angesprochen Betriebsart beispielsweise noch von folgenden Kriterien abhängig:
    Über welche Ausbildung verfügen die leitenden Mitarbeiter?
    Wie viele Auftraggeber gibt es?
    Bestehen kapitalmäßige Verflechtungen zu Auftraggebern?
    Ist das Unternehmen mit weiteren Töchtern tätig?
    Eventuell im Ausland?
    Welche Geschäftsbedingungen werden zugrunde gelegt?
    Werden eigene Umweltrisiken - Lagerung, Verwendung von Heizöl, Diesel, Benzin, etc. - betrieben?
    Für derart sich unterscheidende Risiken ist auch eine objektbezogene Vertragsgestaltung (pro Objekt mit individuellen Deckungssummen) denkbar und kann auch aus Prämiengesichts-punkten betriebswirtschaftlich durchaus sinnvoll sein, da nur der Versicherungsschutz geboten wird und bezahlt werden muss, der tatsächlich benötigt wird.

    Erst mit der Beantwortung dieser Fragen kann tatsächlich von einem individuellen Versiche-rungskonzept gesprochen werden, welches Facility-Management-Betriebe unbedingt benötigen, sollen gefährliche Lücken im Versicherungsschutz nicht schmerzliche Verluste für das Unter-nehmen nach sich ziehen.

*) Der Autor ist unabhängiger Versicherungsmakler

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